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(R)Evolution statt Repetition!


Vera Hefele und Teresa Trunk

27. September 2021

 

 

Von der Corona-Pandemie in den Schatten gestellt, ist und bleibt der Klimawandel trotz allem eines, wenn nicht das drängendste Thema unserer Zeit. Wir alle wissen, dass die nächsten neun Jahre entscheidend sind für den Verlauf des Klimawandels und alles darangesetzt werden muss, die Klimaziele 2030 zu erreichen. Im Rahmen unserer Masterarbeit haben wir uns seit Anfang 2020 intensiv mit Nachhaltigkeit in der Kultur auseinandergesetzt. Innerhalb unseres Forschungszeitraumes konnten wir beobachten, wie das Thema in verschiedenen Veranstaltungen, Kongressen, Web-Talk Reihen oder Nachhaltigkeitsforen zunehmend in den Mittelpunkt rückte und einen wachsenden Zuspruch seitens der Kulturschaffenden erfährt. Auffällig ist bis heute, dass der Wille, aktiv zu werden, bei den Teilnehmenden überwiegend sehr groß ist, ebenso aber auch die Ratlosigkeit über das Wie?.


Um diese Frage zu beantworten, braucht es dringend den Aufbau von Handlungswissen. Da in den öffentlich geförderten Institutionen vor allem die Leitungsebene Themen setzt, ist sie es, die einen entscheidenden Einfluss darauf hat, ob Nachhaltigkeit strukturell in das Haus integriert wird. An diesen Stellen müssen also Bewusstsein und Absicht vorhanden sein, nachhaltige Produktionsweisen voranzutreiben und zu implementieren. Die eigenen Überzeugungen und Denkmuster stellen dafür die entsprechenden Weichen.


Die Rolle der Ausbildung – "business as usual"?


Beim Blick zurück in unseren Studienverlaufsplan mussten wir feststellen, dass auch die nachkommenden Generationen von Kulturmanager*innen nicht für diese zukünftigen Herausforderungen ausgebildet werden. Bisher basiert – ähnlich wie in Kulturbetrieben – die Auseinandersetzung mit dem Thema immer noch größtenteils auf Eigeninitiative. Die Lehre verfolgt bisher das Credo "mehr, öfter, größer" – als wäre alles wie immer. Würden wir Grafiken zur Erderwärmung als Maßstab für unser Handeln setzen, wäre jede Form von business as usual unmöglich. Und das, obwohl wir im Diskurs bereits weit über den Punkt hinaus sind, an dem der Klimawandel und seine Konsequenzen Aspekte sind, mit denen man sich beschäftigen kann, sofern sie im eigenen Interessensbereich liegen


Stattdessen sollte in der Ausbildung zukünftiger Kulturschaffender viel stärker hinterfragt werden, inwiefern bestehende Systeme und Strukturen noch zeitgemäß und mit der bevorstehenden Transformation vereinbar sind. Dabei wäre das Studium genau der richtige Ort, um sich mit der Bedeutung des Klimawandels für den Kulturbereich auseinanderzusetzen. 


Fragen, auf die es Antworten braucht


Hier könnte gefragt und erforscht werden, was der Klimawandel für das eigene Schaffen bedeutet oder welche Modelle es für nachhaltige Kulturproduktion gibt. Wie geraten Internationalität und Interkulturalität unter Einhaltung von CO2-Neutralität in keinen Widerspruch? Wie sehen die Orchester der Zukunft aus, wenn Touren rund um den Globus nicht mehr zum Alltag gehören? Wie sind hochwertige Produktionen ressourcenschonend möglich? Wie kommt man von Materialverschwendung zu Materialkreislauf?


Diese und andere Fragen müssen diskutiert werden! Dafür braucht es Raum für Experimente und Zeit zum Ausprobieren, Offenheit und Mut. Das Studium könnte ein Labor für solche Gedankenspiele und Beispielprojekte werden. Fehlende zeitliche und personelle Ressourcen sind unter anderem Gründe, die es Kulturinstitutionen erheblich erschweren, Nachhaltigkeit zu integrieren. Forschungsprojekte, die sich mit oben genannten Fragen beschäftigen, können hier wichtige Impulse für Kulturinstitutionen liefern.


Neben diesen grundlegenden Betrachtungen müssen auch fachliche Kompetenzen vermittelt werden. Zum Handwerkszeug aller Kulturmanager*innen sollte Wissen über nachhaltiges Wirtschaften im Rahmen des derzeitigen Vergabe- und Zuwendungsrecht gehören. Mittelfristig bedarf es in diesem Verwaltungsbereich selbstverständlich größerer Veränderungen durch eine (Kultur-)Politik, die Nachhaltigkeit aktiv fördert und unterstützt. Leider benötigen diese politischen Prozesse aber Zeit, deswegen ist es umso wichtiger, im bereits heute möglichen Rahmen Handlungsspielräume für Nachhaltigkeit wahrzunehmen.


Ebenso werden Datenerhebung und Reduzierung der eigenen Emissionen immer wichtiger werden. Ohne Status quo des Verbrauchs können keine Strategien zur Reduzierung ausgearbeitet werden. Welche Handlungsfelder und Stellschrauben in einem Kulturbetrieb bestehen, wie eine CO2-Bilanz erstellt und der eigene Verbrauch dokumentiert wird, sollten daher auch zu den Grundlagen des Studiums gehören. Denn es ist eine Frage der Zeit, bis auch Kulturinstitutionen Auflagen hinsichtlich der Einhaltung (ökologisch) nachhaltiger Kriterien gesetzt werden.


Utopien denken lernen


Kulturschaffende sehen sich heute mit der Nachhaltigkeitstransformation konfrontiert, zu der ihnen schlichtweg das Know-how fehlt. Veränderungen in den Curricula brauchen natürlich Zeit, aber für die Zukunft würden wir uns wünschen, dass die Ausbildungsinhalte nicht mehr dazu anleiten, die bestehenden Modelle zu repetieren. Stattdessen könnte die Lehre innovative Denkanstöße für die nachhaltige kulturelle Transformation geben. Es ist zu spät, sich erst im Berufsleben mit den Fragen von nachhaltiger Kunst- und Kulturproduktion auseinanderzusetzen. Nachhaltigkeit sollte keine Option mehr sein, sondern das Fundament, auf das eine zukunftsfähige Kulturbranche aufbaut.


Der Klimawandel gehört sicherlich zu einer der herausforderndsten Aufgabe der Menschheit. Aber genau in der Findung von kreativen Lösungen steckt bekanntlich die Stärke von Kunst und Kultur: Utopien denken, Fragen stellen und Experimente wagen, sind schließlich Kernkompetenzen von Künstler*innen und Kulturschaffenden. Warum also nicht daran anknüpfen und der Frage nach dem Wie? mit zukunftsfähigen und mutigen Ideen begegnen?.


Der Text erschien erstmals im Blog #neueRelevanz der Kulturpolitischen Gesellschaft im April 2021.


Autorinnen


Vera Hefele und Teresa Trunk


Vera Hefele und Teresa Trunk sind die Gründerinnen des Projektbüros WHAT IF für nachhaltige Kultur. Als ausgebildete Transformations- und Kulturmanagerinnen unterstützen sie Kulturbetriebe dabei, nachhaltige Prozesse langfristig zu implementieren. Mit ihrer Arbeit möchten sie sich dafür einsetzen, dass Kulturinstitutionen ihr Potenzial ausschöpfen, eine aktive Rolle im gesellschaftlichen Transformationsprozess einzunehmen.

Foto: Magdalena Waller

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